Brustimplantate als Ursache für Krebs? Besorgnis oder Entwarnung?

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Ästhetische Medizin Köln

Brustimplantate aus Silikon werden seit mehr als einem halben Jahrhundert seit ihrer Entdeckung in den USA zur Brustvergrößerung verwendet. Immer wieder gab es Bedenken, widersprüchliche Untersuchungsergebnisse und mutmaßliche Nachweise von schädlichen Auswirkungen auf die Trägerinnen von Brustimplantaten. Zeitweise wurden in den USA keine Silikonimplantate mehr verwendet und auf deutlich schlechter geeignete Kochsalzimplantate zurückgegriffen, bis die damals vermutete Schädlichkeit der Silikonimplantate nicht bestätigt werden konnte und sie nun wieder seit Jahrzehnten Verwendung finden.

Zusammenhang zwischen Implantaten und Krebs?

Doch auch in neuster Zeit wird wieder diskutiert, ob der Verdacht, eine ganz bestimmt Art von Silikonimplantaten könnte mit einer sehr speziellen und sehr seltenen Krebsart in Zusammenhang stehen, gerechtfertigt ist.

Bei der im Fokus stehenden Erkrankung handelt es sich um das sogenannte Anaplastische Großzelligen Lymphom (ALCL), also keiner Art von Brustkrebs, sondern um ein peripheres T-Zell-Lymphom, welches im weiteren Sinn zu den Leukämien gezählt werden kann und welches als Brustimplantat assoziiertes großzelliges anaplastisches Lymphom (BIA-ALCL) bezeichnet wird. Im Ärzteblatt (1) wurde im September 2018 ein informativer und ausführlicher Artikel publiziert, dessen wichtigste Punkte hier vorgestellt werden.

Der weltweit erste Fall eines BIA-ALCL wurde 1997 beschrieben (2).

Darauffolgend bestätigte im Februar 2011 die amerikanische US-amerikanische Aufsichtsbehörde Food and Drug Administration (FDA) die Vermutung, dass Brustimplantate ursächlich für die Erkrankung an einem BIA-ALCL sein könnten.

Weltweit wurden bis heute ca 800 Erkrankungsfälle erfasst, demgegenüber steht laut ISAPS eine Anzahl von 1,5 Millionen Brustvergrößerungen pro Jahr. Bezogen auf Deutschland beträgt die aktuelle Anzahl der Betroffenen 15, wie der website der BfArM (3) entnommen werden kann Der Erkrankungsgipfel ereignete sich hierbei 7-10 Jahre nach Implantation (4). Zu beachten ist, dass 89 %, der von der FDA vorliegenden Fälle bei einem texturierten Implantat auftraten. Dies muss allerdings im Verhältnis dazu betrachtet werden, dass z. B. in Deutschland und generell in Europa ca. 90 % der eingesetzten Implantate eine texturierte Oberfläche besitzen. Aussagekräftige Studien zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko bei texturierten vs. glatten Implantaten liegen akuell nicht vor.

In einer Übersichtsarbeit von Kricheldorff et al. wurden 6 der in Deutschland aufgetretenen Fällle näher erläutert (1). Hierbei wurden Implantate der Hersteller Allergan, Polytech, Mentor und McGhan verwendet.

Die Pathogenese ist noch unklar, verschiedene Hypothesen werden in der Literatur diskutiert. Dies reicht von der Vermutung, dass ein bakterieller Biofilm auf der Implantatoberfläche ursächlich sein könnte, bis hin zu möglichen chronischen Entzündungen oder eines Oberflächenabriebs des Implantats.

Realistisches Risiko durch Brustimplantate?

Das Risiko an einem BIA-ALCL zu erkranken ist nach bisheriger Datenlage sehr gering. Die Prävalenz lässt sich nicht eindeutig eruieren. Das Erkrankungsrisiko beträgt schätzungsweise 0,35-3/1 Million (5), die Datenmenge erscheint zum aktuellen Zeitpunkt jedoch sehr dürftig. Es bedarf weiterer Studien um aussagekräftige Daten zu erhalten.

Leitsymptom des BIA-ALCL ist das Vorliegen eines Seroms, dessen Genese unklar ist. Mittel der ersten Wahl zur Diagnostik ist die Sonographie, ggfs. ergänzend mit simultaner Punktion und immunhistochemischer Untersuchung des Materials (6). Im sehr seltenen Fall einer Erkrankung wird die Entfernung des Implantats inklusive der umgebenden Kapsel empfohlen. Die Prognose ist günstig.

Eine präventive Entfernung von Implantaten der angegebenen Hersteller wird durch die französische Gesundheitsbehörde ANSM (Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé) aktuell explizit nicht empfohlen (7). Dieser Empfehlung schließen sich die Deutsche Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (DGPRÄC) sowie die BfArM an. Patienten sollen dazu angehalten werden, die regelmäßigen gynäkologischen Kontrolluntersuchungen wahrzunehmen.

Zusammenfassend lässt sich aufzeigen, dass das BIA-ALCL eine äußerst seltene Erkrankung ist, die sehr gut therapierbar ist und einen prognostisch günstigen Verlauf zeigt.

Fazit

Um tatsächlich eine fundierte Aussage zur Genese des BIA-ALCLs und der Art der zu treffen erscheint die momentane Datenlage sehr dünn. Es bedarf weiter Untersuchungen, um aufschlussreichere Daten zu erhalten. Aktuell gibt es keine Empfehlung von den Behörden die Implantate vorsorglich entfernen zu lassen.

Foto: Rawpixel elements.envato.com

Quellen:
1. Kricheldorff J, Fallenberg EM, Solbach C, Gerber-Schäfer C, Ranscó C, von Frischen U: Breast implant-associated lymphoma-the diagnosis and treatment of a new disease entity. Dtsch Arztebl Int 2018;115: 628-35.DOI:10.3238/arztebl.2018.0628
2. Keech JA Jr,Creech BJ: Anaplastic T-cell lymphoma in proximity to a saline-filled breast implant.Plast Reconstr Surg 1997;100:554-5
3. https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Medizinprodukte/DE/Brustimplantate_ALCL_FDA.html letzter Abruf: 20.08.2019 12:26
4. Clemens MW, Horwitz SM: NCCN consensus guidelines for the diagnosis and management of breast implant-associated anaplastical large cell lymphoma. Aesthet Surg J 2017; 37: 285–9
5. de Jong D, Vasel WL, de Boer JP, et al.: Anaplastic large-cell lymphoma in women with breast implants. JAMA 2008; 300: 2030–5
6. Adrada BE, Miranda RN, Rauch GM, et al.: Breast-implant associated anaplastic large cell lymphoma: sensitivity, specifitiy, and findings of imaging studies in 44 patients. Breast Cancer Res Treat 2014;147: 1–14
7. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/102183/Aufsichtsbehoerden-beurteilen-Krebsgefahr-bei-Brustimplantaten-unterschiedlich

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